2 jahre später. bestandsaufnahme

vor genau 2 jahren hatte ich meine letzte chemo. unfassbar wie die zeit vergeht. manchmal kommt es mir gar nicht so vor. doch meistens fühlt es sich an, als wäre es noch viel länger her.

eigentlich hatte ich schon nen mordslangen beitrag verfasst, also noch länger als dieser. aber irgendwie ist mir doch nicht nach drum rum reden.

im großen und ganzen ist alles tutti frutti. denn sowohl körperlich als auch psychisch geht es mir sehr gut.

also zu den fakten!

  • ich habe keinen husten mehr. keine ahnung seit wann. irgendwann die letzten wochen fiel es mir auf. find ich gut!
  • nach wie vor bin ich zeitweise sehr schnell erschöpft und müde. meine aufmerksamkeitsspanne ist an manchen tagen recht kurz und ohne notizen geht mittlerweile fast nichts mehr
  • ich schlafe noch immer gut und hatte damit zum glück nie probleme
  • wie schon in einem vorherigen blogpost erzählt, ist mein blutdruck zu hoch. das kann durchaus eine spätfolge der chemo sein. mittlerweile hab ich aber festgestellt, dass es eher eine kopfsache ist. je ausgeglichener ich bin, desto besser mein blutdruck. vll auch eine unglückliche kombination aus beidem. also immer schön am gelassen sein arbeiten.
  • diskutieren war vorher schon nicht meine welt. jetzt liegt ein universum dazwischen. wenn mich das überfordert kann ich dann auch richtig garstig werden. manchmal, wenn ein gespräch zu lange dauert und eigentlich schon fertig ist, schalte ich ab. da kann ich nicht mehr folgen. denn was durch ist, ist durch und muss auch nicht mehr abgehandelt werden. und meine meinung kann dann schon mal schneller aus mir rausplatzen als früher.
  • mein bindegewebe ist gefühlt 10 jahre älter als es in meinem ausweis steht. aber das ist tatsächlich ’nur‘ eine feststellung. wobei ich schon während der chemo gemerkt habe wie sehr sich meine haut und das bindegewebe verändert. also immer schön pflegen.
  • seit gut einem jahr muss ich mindestens 1x die woche zur lymphdrainage. seit ich zurück im büro bin, geht ohne leider nichts mehr. hab ich keine, schmerzt die brust, die achsel und der oberarm wird taub.
  • mehr als ein akustisches medium überfordert mich. das heißt, wenn wir uns unterhalten ist radio oder tv suboptimal. oder auch durcheinander reden. ein lokal mit viel hintergrundgeräuschen geht für ein paar stunden. klar, aber danach bin ich kaputt, als hätte ich die nacht durchgemacht
  • zu meinen gefühlen. ich fühle mich manchmal fehl am platz. nicht in meinem leben. sondern fehl im alltag mit anderen. der alltag läuft wie eine maschinerie an mir vorbei. oft ist es schwer alles unter zu bekommen und manchmal möchte ich einfach nur ausbrechen… so schön es ist, wenn man zurück in der routine ist, es ist harte arbeit. für mich.
  • meine ängste halten sich in grenzen. klar bin ich zu den nachsorgeterminen immer etwas mehr angespannt als sonst und manchmal auch gereizt. aber ich denke das ist normal.
  • und… an jahrestagen bin ich immer komisch

manch einer mag jetzt denken, meine güte, so gehts mir auch… und ich hatte keinen krebs. ja genau, und das ist der unterschied. es läuft parallel noch so viel zusätzlich ab in einem selbst, egal ob psychisch, körperlich oder seelisch. hm, ich bin mir nämlich nicht sicher, ob ich mich tatsächlich durch die erkrankung verändert habe. viele sagen, die krankheit hätte sie verändert. ja, die sicht der dinge hat sich verändert und eher hab ich das gefühl, dass ich noch mehr ich geworden bin als vorher.

so und nu? next stop, nachsorge onko und gyn und das jährliche mrt.

und diesem sinne, auf zum nächsten jahrestag!

die problematik der bewältigung…

dabei geht es nicht um die bewältigung meiner erkrankung, zumindest nicht vorrangig. sondern schlicht und ergreifend um die bewältigung meines alltages. so jetzt ist es raus. seit geraumer zeit ist es für mich eine heidenarbeit, meinen alltag zu bewältigen. und das fängt mit dem aufstehen morgens an. aber mal ein jahr zurück geblickt…

im februar 2017 war meine wiedereingliederung zu ende und ich hatte wieder einen vollen arbeitstag. zwar nur 7 stunden und 4 tage die woche aber ich war wieder da. grundsätzlich eine schöne tatsache. denn es gab keine behandlung mehr und ich war zurück im normalen leben. so normal es halt sein kann nach dem krebs. als ich meine stunden auf 8 erhöhte kam der druck. ich ‚muss‘ 8 stunden arbeiten um auf mein soll zu kommen. blöde psyche… und als einmal unerwartet und länger not am mann wurde wars vorbei mit meiner rosaroten arbeitsbrille. das erste mal das ich vor druck fast geheult hätte. im büro. seitdem hänge ich in einer tretmühle und tue mich sehr schwer aus zusteigen. ich sage es nur ungern und auch nur unter vorgehaltener hand, aber ich habe die zeit während meiner behandlung tatsächlich genossen. das zu tun was und wann ich es wollte und mir genau dann eine pause zuzugestehen, wann sie nötig war. jetzt ist das etwas komplizierter, denn die pause gibt es erst dann wann wochenende ist und mein freier tag.

um es mit einer buddhistischen weisheit zu sagen: wenn ich liege, sitze ich schon und wenn ich sitze, steh ich schon. wenn ich stehe gehe ich schon. wenn ich das auf mich umlege, dann renn ich bereits, obwohl ich noch sitze. es fällt mir zum beispiel mittlerweile unglaublich schwer den kopf morgens noch frei zu lassen beim zähne putzen, ohne schon an den einkauf abends zu denken. vor einem halben jahr war das noch überhaupt kein problem für mich. leider belastet mich das ganze wohl so sehr, dass mein blutdruck zu hoch ist. gut, ich habe grundsätzlich familiär einen höheren blutdruck, was für die derzeitige situation aber nicht gerade förderlich ist. so sitze ich bei der ärztin und vor mir, nach der blutdruckmessung, eine kreidebleiche arzthelferin, welche am liebsten den krankenwagen rufen würde. ja, so hoch ist mein blutdruck. so hab ich nun eine zweimonatige betablocker testphase durch und festgestellt, dass ist nix für mich. bescheidene nebenwirkungen. diese wiederum schlecht für die buchhaltung und der blutdruck wird nicht niedriger. in testphase zwei wird nun ein anderes medikament getestet und bald ein kurs zum autogenen training begonnen, in der hoffnung meinem blutdruck einhalt zu gewähren, bevor er gefäße und organe schädigt. und wäre der ganze alltag, nachsorge und rückfallsangstgedönskakk nicht schon genug, trägt das natürlich zusätzlich noch zu meinem angespannten alltag bei.

hm… ich habs. eine haushaltshilfe. das würde mir helfen. das würde mir einiges erleichtern. natürlich von der krankenkasse subventioniert. denn ich soll ja stress vermeiden. haben die ärzte seit diagnose zu mir gesagt. allesamt. deshalb arbeite ich nur 4 tage die woche. soll mich moderat bewegen und eine ausgewogene ernährung haben. was alles überhaupt keine zeit beansprucht… deshalb nehm ich weniger gehalt mit mehr zeitinvestition in einen bewussten lebensstil gerne in kauf. also könnte die krankenkasse doch locker eine hilfe springen lassen. vorallem um unnötige zukünftige kosten einer behandlung für eine herzerkrankung… oder im schlimmsten fall wiedererkrankung zu vermeiden.

ohje… das war vll ein wenig zu sarkastisch… allerdings merkt man wie angespannt ich bin… in meinem kopf dreht es sich nicht mehr darum, dass ich krebs hatte, sondern darum meinen blutdruck zu senken. und ich merke wie sich mein herz jedes mal zusammenzieht wenn ich die manschette zur messung anlege. das ist so auffällig, dass auch meine onko der meinung ist, dass es höchstwahrscheinlich eine psychische sache ist. aber, ich hab noch ein paar möglichkeiten im ärmel… also heißt es grad abwarten und austesten.

aber zu den guten dingen! meine erste nachsorge dieses jahr verlief unauffällig! blutwerte gut. leber- und lymphsono unauffällig. und termin zur portentfernung steht auch. urlaub für den spätsommer ist gebucht und ich versuche trotz tretmühle mich am arsch lecken zu lassen. zugegeben… nicht immer leicht, aber wichtig.

in diesem sinne streck ich jetzt erst mal alle viere von mir und genieße das kalte wochenende mit nix tun und blöd schauen ?