letzter arbeitstag 2015…

es ist donnerstag. 22. oktober 2015. mein letzter arbeitstag. gestern habe ich die diagnose bekommen. die ärtzin meinte, ich könnte gleich zuhause bleiben, es dauert mindestens ein halbes jahr. aber die woche mache ich noch fertig. ich kann meine kollegin und freundin nicht einfach so im stich lassen! dachte ich… nach dem telefonat mit meiner zahnärztin hab ich nur noch einen tag. freitag ist nun für sie reserviert. es ist gut wenn man vorher noch die zähne kontrollieren, füllungen machen lässt oder eine zahnreinigung, da die chemo auch die zähne angreifen kann. so bereite ich an diesem EINEN tag alles vor für eine längere abwesenheit. kleine notizzettel, angesammeltes aussortieren, usw.

den freitag nehme ich mir frei. alle wünschen mir ein schönes langes wochenende und sagen bis montag… im kopf füge ich „in einem halben jahr“ dazu. ein komisches gefühl! alles mache ich zum letzten mal in diesem jahr.

meine gute freundin und arbeitskollegin A. weiß bescheid. sie wusste schon von dem knoten, den kontrollen, der biopsie, dem geplanten op termin und jetzt muss ich ihr sagen, dass ich krebs habe… es ist vorerst eine große bürde für sie, denn sie ist die einzige die es weiß. meiner chefin hätte ich es auch gerne gesagt, auch sie weiß bescheid. wir haben ein sehr gutes verhältnis, aber sie ist nicht da. mein plan: den beiden mädels, denen ich es noch sagen möchte, schreibe ich einen brief! das telefon ist unpersönlich, heute noch ist scheisse… jeder würde fragen was los ist. ein brief ist persönlich. in zeiten der smartphones erst recht. wenn sie es wissen, wird es auch für A. leichter werden. es ist immer leichter, wenn man reden kann.

puh, ich kann mich kaum losreißen! mittlerweile ist es nach 19 uhr. dann schreibt meine mama… Daniela, es ist zeit nach hause zu fahren.

tschüss büro, bis nächstes jahr!

wie sag ich es der familie – im nachhinein betrachtet, der schlimmste tag…

als ich nach hause kam vom termin, wartete schon meine mama. sie konnte ja nicht mit zur besprechnung. und jetzt… worst case für eine mutter! es flossen viele tränen. hatten wir doch erst ein etwas schwieriges jahr hinter uns. die trennung von meinen eltern, bei welcher es meiner mama nicht so gut ging. ich war viel für sie da, hab sie gestützt und sie getröstet. ihr mut zugesprochen. jetzt sagt sie, kann sie für mich da sein und das schaffen wir auch! was gut ist, wir wohnen gegenüber. über uns mein bruder mit frau. unter mir oma und opa. papa und mein anderer kleiner bruder sind auch nicht weit weg. ich bin nicht allein!

jetzt geht das gedanken karussell los… wie sag ich es meinem freund. welche worte wähle ich. jedem der von der biopsie wusste, hab ich voller motivation gesagt, nur zur sicherheit, sie haben ja gesagt es ist ein fibroadenom, das ist in den wenigsten fällen bösartig. und wie sag ich es papa. wie sag ich es meinen kleinen brüdern und wie der hochschwangeren schwägerin. alle gedanken kreisen darum, wie ich diese hiobsbotschaft der familie mitteile. und dann sind da noch meine großeltern. gesundheitsapostel und ernährungsfanatiker vom feinsten.

am schlimmsten für mich war es, es meinem freund zusagen. ich hatte angst. ich saß am gleichen tag des termins auf kohlen bis er endlich von der arbeit nach hause kam. um zeit zu überbrücken hab ich schon mal meinen schicken grünen therapieordner durch gelesen und meine befunde. verstehen tu ich allerdings noch nicht viel. das internet bleibt aus. …vorerst!

dann kommt er heim und ich brech gleich in tränen aus. aber er hält mich fest, das schaffen wir schon! er ist ein toller man. er kennt mich gut. wir brauchen keine worte, damit er weiß, wie es mir geht.

zwei tage später kamen mein papa und meine brüder. tränenreich, habs jedem einzeln gesagt. es ist ein schweres gefühl als große schwester den kleinen brüdern zu sagen, dass man krebs hat. und dann papa, bleich wie eine wand und im ersten moment wortlos. mein kleider bruder sagt es seiner frau. mit oma und opa warten wir noch ein bisschen mit der diagnose.

puh… geschafft. das war das letzte mal, dass ich weinen musste. hab alle meine tränen in diesen tagen verbraucht. zum trauen bleibt keine zeit. weinen verbraucht kraft, viel kraft. die brauche ich jetzt für das was kommt und vor allem für MICH!

 

NFL, pinktober und meine diagnose 2015

mein freund war ja schon die letzte saison NFL begeistert, und das schwappt gerade auf mich über. jetzt im oktober fragen wir uns, warum die spieler so viel pink tragen. google sagt „pinktober“ breastcancer awareness month. aha!

im mai 2015 hab ich beim eincremen einen knoten in meiner rechten brust ertastet. was heißt ertastet…. ich bin buchstäblich darüber gestolpert! puff und plötzlich war er da, und ich creme täglich. am anfang dachte ich es wäre vielleicht ein geschwollener lymphknoten oder ähnliches. habe es dann mit alternativen mittelchen eingerieben. weil wir zuhause sehr alternativ sind. hat sich aber nichts verändert. zwei wochen später meinte meine osteopathin, ich solle doch bitte vorm urlaub zur frauenärztin, einfach damit ich beruhigt bin. ein termin nach dem urlaub stand zwar schon fest, aber dort war ich auch, erste vermutung: fibroadenom. okidoki, das hab ich im internet auch schon gelesen. genauso wie ich gelesen hab, dass vier von fünf knoten in der brust gutartig sind und je jünger die frau desto weniger besorgniserregend. das hat mich beruhigt. nach einem  wundervollen urlaub am meer war nun meine erste mamma-sono (ultraschall) untersuchung. befund: fibroadenom. fein!

mittlerweile haben wir ende september und die zweite mamma-sono stand an. nicht nur die, sondern auch ich hab gemerkt das der knoten gewachsen ist. bandeau-sommerkleid unbequem, bandeau-bikini sehr unangenehm… befund bzw. empfehlung: an ihrer stelle würde ich den knoten entfernen oder eine biopsie machen lassen, auf wiedersehen! WTF!?!? vielen dank für die ausführliche information. das war mein erster schock. natürlich denkt man vorher schon mal, oh was ist wenn sie sagen es sieht nicht gut aus… bla bla bla. aber das zu hören war schon ziemlich schwierig. vorallem auch wie, abgefertigt und abserviert. im auto hab ich dann meine frauenärztin angerufen. sie haben gleich einen biopsie termin im brustzentrum vereinbart. eine woche warten, oktober. dann sitz ich da im brustzentrum mit meiner mama. allgemeines bla bla, kurze aufklärung und wenn ich möchte könnte ich eine biopsie (entnahme gewebeprobe) machen lassen, ansonsten wird das gewebe nach der entfernung untersucht. ein inneres gefühl sagte mir: daniela mach die biopsie, den termin für die entfernung hast du eh schon. als wir dann das brustzentrum verliessen sagte meine mama: mei, wenn die dich hier beim namen kennen, dann weißt aber auch was los is!

eine woche später befundbesprechung. alleine. „leider haben wir jetzt den befund hier“ „wieso leider?“ „es ist ein mammakarzinom“ ….ich habe brustkrebs. ich spüre mich tief fallen. in ein loch, es klingt dumpf, es ist dunkel und dann weine ich los. (sogar jetzt nach einem halben jahr kann ich das gefühl noch spüren wenn ich diese zeilen schreibe) den rest bekomm ich nur noch ansatzweise mit. es geht nur chemotherapie, er ist sehr aggressiv, lymphknoten-op in einer woche, in zwei wochen dann chemo beginn. nächster termin in einer woche, dann sprechen wir nochmals drüber… puh, dass soll ich jetzt meiner mama beibringen?!

und plötzlich empfindet man die farbe pink ganz anders. diagnose im pinktober!

UNFUCKINGFASSBAR!