die sache mit der dankbarkeit…

… da sitz ich nun. gesund. denn im juni war ja meine sehr unauffällige onkologische nachsorge und im juli meine ebenso unauffällige gynäkologische.

vor 3 jahren war ich im endspurt meiner therapie. der bestrahlung. das fühlt sich an, als wäre es eine ewigkeit her. und mit diesem gefühl überkommt mich manchmal die angst, dass ich vergesse genügend dankbar zu sein. also bewusst.

ganz am anfang bin ich mit dem gedanken ‚ich hab krebs‘ zu bett gegangen und mit dem selben gedanken aufgewacht. dazu kam die dankbarkeit. mit jedem zu bett gehen. mit jedem aufwachen. dankbar, dass der krebs früh erkannt wurde. dankbar, dass ich die chemo so geschmeidig durchgestanden habe. dankbar, dass ich eine komplettremission hatte. dankbar, dass ich eine komplikationsfreie op hatte. dankbar, dass ich die bestrahlung ohne probleme geschafft hab. unglaublich dankbar, dass ich das erste jahr nach therapieende ohne rückfall ‚überlebt‘ habe. dazu kam die dankbarkeit über das zweite jahr. dazu noch, dass ich kaum unter spätfolgen leide. und die dankbarkeit, dass ich in ein paar tagen an der 3-jahres-marke nach therapieende ohne rückfall kratze. alle mit einem triple negativen brustkrebs wissen, dass das die welt bedeutet. und ein hoffentlich langes leben. ja, ich bin unfassbar dankbar. und ganz oft erschrecke ich, weil die bewusste dankbarkeit in den hintergrund rückt. wie der krebs. was natürlich toll ist. da der raum den die krankheit einnimmt immer kleiner wird. zwar ist sie allgegenwärtig, aber extrem zurückhaltend.

doch manchmal hab ich angst, ich wäre zu wenig bewusst dankbar. es überkommt mich dann ganz plötzlich. und ich hoffe inständig, dass ich es nicht vermassel. irgendwie doof oder? doch es entsteht immer mehr ein alles einnehmender alltag. das leben rauscht wieder an einem vorbei. und während ich zu meiner nicht arbeitenden zeit, genügend raum für bewusste dankbarkeit hatte, bin ich heute manchmal schon froh, wenn ich bewusst zeit für mich habe. ohne das gefühl, dass mir die zeit davon rennt bzw. an mir vorbei.

ich glaube, tief in mir drin bin ich dankbar. jeden tag. ganz unbewusst in ganz vielen augenblicken. in momenten die gar nicht aufregend sind. aber bedeutend. zumindest für mich. und dann muss ich ganz oft lächlen. ich zähl das einfach mal zu der dankbarkeit hinzu. und bevor uns jetzt das wort dankbarkeit aus den ohren quillt, verabschiede ich mich ganz still und leise in mein wochenende.

2016… es wird zeit für dich zu gehen ?

ein jahr, welches im wahrsten sinne des wortes mein leben verändert hat, geht zu ende. ein jahr, von dem ich beim hineinrutschen nicht wusste, wie ich da wieder rausrutschen würde. ein jahr, welches mit besonders emotionalen gesundheitswünschen began. und… das jahr meinte es gut mit mir. den mein tumi zog aus und ein krebsfreier jahreswechsel steht unmittelbar bevor. nicht mit jedem meinte 2016 es gut. die schlagzeilen über an krebs verstorbene bekannte menschen hörten irgendwie nicht auf. der fairnesshalber sei gesagt, nicht nur krebs holte sie aus dem leben. und doch waren es gefühlt zu viele. auch wenn ich sie persönlich nicht kannte, traf es mich jedes mal, wenn einer von ihnen wegen des schalentiers über den regenbogen gehen musste. und dann waren da noch diejenigen, die man aus den sozialen netzwerken kennt. das trifft mich jedes mal noch mehr. man kennt sich nicht persönlich, und doch nimmt man täglich teil an ihrem leben. so wie sie an meinem. freut sich unglaublich über erfolge und ist traurig über rückschläge. fluch und segen der social media. man erlebt das gefühl nicht allein zu sein, aber wird knallhart mit der realität konfrontiert. oft fehlen mir als selbst betroffene die worte, und doch denke ich viel an jene menschen. 

in meinem 2016 ist viel passiert. und es war durchaus ereignisreich. viele schöne momente prägen es. oft erinnert man sich nur an die schlechten dinge, das hat das menschliche gehirn so an sich. aber, obwohl bis in den april hinein volles chemoprogramm war, erinnere ich mich kaum an diese ungewisse und kräftezehrende zeit. die schönen dinge überwiegen. trotz allem. das jahr began mit der geburt meines kleinen neffen. darauf folgte eine erfolgreiche chemo. eine erfolgreiche op. eine hoffentlich wirksame bestrahlung und eine ahb, bei der ich einen ganz wunderbaren menschen kennengelernt habe. ich habe viele neue erfahrungen gemacht. erfahrungen, welche glücklicherweise nicht jeder machen muss. und beim resümieren muss ich feststellen… das jahr hat mich mutiger gemacht. bestimmter. kreativer. experimentierfreudiger. und vorallem bewusster.

ich gehe bewusst in den tag. genieße bewusst kleine unspektakuläre momente. lächle unglaublich gerne in mich hinein. und ich bin dankbar dafür, was ich geschafft habe und was ich habe. ein schönes leben. die gedanken, was das leben noch bringen mag, kommen und gehen. das wird immer so sein. doch wichtig ist das jetzt und das ist einfach nur wundertoll.

habt es fein ❤ auf ein wunderbares 2017 

eine portion konfetti aufs neue jahr 🎉

der groschen fällt… jetzt erst

welcher groschen? DER groschen. der ICH-BIN-NOCH-AM-LEBEN-GROSCHEN. ich vermute das hängt mit dem sich jähren der diagnose zusammen. letztes jahr um diese zeit gabs für viele dinge ein erstes mal. über die man gar keine zeit hatte nach zu denken. erstes staging. erste op. erste chemo. erste nebenwirkungen. erstes fieber. erste spritze gegen fieber. erster haarverlust. erstes und (ich gehe fest davon aus) das letzte weihnachten mit glatze. gerade jetzt fühlt sich alles sehr präsent an. normalerweise schwirrt diese erfahrung meilenweit in einer seifenblase weit hinter meinereiner her. aber nicht zur zeit. ich erinnere mich z.b. an den geschmack der spritze, die ich am ende der chemo zur portspülung bekommen habe. ich erinnere mich an die schwachheit in meinen gliedern. an den schwindel. ich erinnere mich an mein abscheuliches bauchgefühl nach der chemo. und das ist neu, erst jetzt empfinde ich es als abscheulich. manchmal wird mir regelrecht flau im magen, wenn meine gedanken durch die erinnerung spazieren. und vorallem gerade jetzt gibt es so unglaublich viele momente in denen ich dankbar bin, dass der krebs meinen körper wieder verlassen hat. ich habe dann bewusst das gefühl die zeit vergeht langsamer. besonders in momenten mit meiner nichte. wenn sie vor mir sitzt und über meine wange streichelt und mit haarewuscheln feststellt, dass meine haare immer länger werden. oder wenn der kleine neffe in meinen armen einschläft und die zeit stehen bleibt. genau dann wird mir unfassbar bewusst wie schief es gehen hätte können. und da kommt der groschen ins spiel. er fällt. in letzter zeit oft ganz laut. und mir wird bewusst wie dankbar ich bin, noch hier zu sein. wie dankbar ich bin, dass meine nichte mir durch die haare wuscheln kann. dankbar, dass mein neffe in meinen armen einschlafen kann. und in stillen momenten, wenn ich in der natur bin, die ruhe und die vollkommenheit wahrnehme, kommen sie. die tränen. tränen der dankbarkeit. tränen der erleichterung. tränen weil mir bewusst wird, dass es keine seifenblase war sondern echt. das erste mal seit dem diagnosegespräch. auch jetzt, während ich das schreibe. ist man im behandlungsmarathon, lebt man wie in einem uhrwerk. vielleicht habe ich mich so auf meinen weg aus dem krebs konzentriert, dass ich für tränen keine zeit hatte. denn ganz schnell werden die behandlungen irgendwie selbstverständlich und zum alltag. eine station folgt der nächsten. bis mit der reha und der wiedereingliederung ins arbeitsleben mehr als ein jahr ausnahmezustand zu ende geht. da blieb mir nicht viel zeit, und irgendwie auch keine gelegenheit, mir darüber bewusst zu werden, dem tod von der schippe gesprungen zu sein. erst letztens hab ich gelesen, dass man sich wohl ab diagnose als krebsüberlebende bezeichnen darf. das habe ich geschafft. äußerlich nimmt keiner wahr was für ein glück ich hatte. aber auch wie sehr es mich verändert hat. aufgrund dessen, da die äußerlichen spuren verschwinden, kann ich derzeit ganz schlecht mit dem kompliment > du siehst aber gut aus < umgehen. oder die aussage, wie toll es doch ist, dass bald das arbeiten wieder losgeht und das alte leben zurück kommt. das alte leben kommt nie mehr zurück. es ist jetzt ein neues. eines in das ich nun nach diesem jahr passe. und um ehrlich zu sein, in diesem wache ich eigentlich fast jeden tag mit dem gedanken krebs auf und gehe damit ins bett. ob ich will oder nicht, ist der gedanke auf eine bestimmte art und weise allgegenwärtig. das darf man nicht falsch verstehen, denn er ist nicht mit negativen gefühlen gehaftet. aber es führt unweigerlich dazu, dass man das leben aus einem anderen blickwinkel betrachtet. derzeit etwas mehr als weniger. ich weiß, ich kann mich unheimlich glücklich schätzen, dass das nun alles hinter mir liegt. und das ist wohl auch ein grund, weshalb ich mich unglaublich auf weihnachten freue. vom weihnachten ohne haare und mit krebs zum weihnachten mit haare und ohne krebs. das fühlt sich großartig an!

366 tage später

1 jahr ist es heute her. vor 366 tagen habe ich meine diagnose bekommen. unglaublich wie die zeit vergeht. ich dachte, diese zeit der therapie würde sich wie eine ewigkeit anfühlen. tat sie aber nicht. ein halbes jahr chemo verging ebenso wie im flug, wie die darauf folgende bestrahlung und reha. 

doch das leben ist nicht mehr das selbe. vor einigen tagen habe ich bemerkt, dass ich anfing über das jahr zu resümieren. irgendwie ist es doch ein ‚besonderer‘ tag. (allerdings habe ich mich dazu entschlossen, nicht den diagnosetag zu würdigen, sondern meinen op-tag. der tag an dem mein tumi ausgezogen ist und entsorgt wurde) 

mein leben ist seit dem nicht schlechter oder besser. es ist anders. etwas besonderes. wie bereits in einem vorigen blogeintrag erwähnt, stand mein zeitpunkt diese schöne welt zu  verlassen fest. aber hier bin ich noch. und sehr dankbar dafür. ich möchte mein altes leben nicht zurück. ich habe mich verändert und so würde mein altes leben gar nicht mehr passen. ich bin praktisch rausgewachsen. was ich dafür eintauschen musste ist meine unbedarftheit. nicht unerheblich. denn zwickt irgendwo etwas am oder im körper klopft ein kleines ‚oh-oh-metastasenalarm-männchen‘ ganz hinten in meinem kopf an und breitet sich nach vorne aus. wie ein kleiner dominoeffekt. und dazu kommen die nachsorgetermine. diejenigen, die es auch erleben, wissen wovon ich spreche.  denn ich habe mittlerweile auch meine erste nachsorge hinter mir. und was soll ich sagen… alles tippi toppi. aber bis dahin… die stunden… unbeschreibliche anspannung. aus jeder mimik der ärztin denkt man eine diagnose oder bewertung schließen zu können. also lieber weg schauen. darauf kann ich mich jetzt erstmal alle 3 monate freuen. thriller für lau.

es ist aber auch die ideale gelegenheit, mich bei den menschen um mich herum zu bedanken. danke an meine mama. meinen mann. meinem papa und meine brüder mit ihren familien. meine großeltern und dem rest der familie. besonderer dank geht an meine kleine nichte M. sie hat keinen schimmer wie sehr sie mir in der therapiezeit geholfen hat (danke meinem bruder dafür). und natürlich ebenso eine bereicherung meines lebens, mein kleiner neffe B, der im februar auf die welt kam. und danke an meine freunde. 

nicht nur mein leben hat sich verändert. auch ihres. und das leben geht weiter. 

zum glück 🍀

aus! ende! vorbei der therapiealltag…

das wars, am 22.08.2016 war meine letzte bestrahlung mit abschlussgespräch. das heißt aber auch, dass dieser teil meiner brustkrebsreise, voll gestopft mit behandlungen, klinikbesuchen und arztbesuchen, vorbei ist.

ja vorbei… vorbei ein monatelanger terminkalender mit regelmäßigen terminen. vorbei sind 6 monate chemotherapie. manchmal erinnere ich mich vage an das gefühl nach der chemogabe. meist kommt das abends auf der couch oder vor dem einschlafen. unfassbar was unser gehirn so leistet und diese erinnerung geschickt in einer schublade verschwinden lässt. denn vorallem die chemo ist unfassbar weit weg. fast so… als hätte ich sie in einem früheren leben erlebt. und vorbei sind knapp 7 wochen tägliche bestrahlung. ah ja… und nebenbei gab es ja auch noch die ein oder andere op. und doch hab ich das gefühl die zeit verging extrem schnell. wie im flug!

was kommt jetzt? zu allererst anschlussheilbehandlung. in ca. 2 wochen geht es los. da werd ich wieder fit gemacht. körperlich, geistig und seelisch. und auch fürs berufsleben werde ich wieder vorbereitet. denn vor fast genau 10 monaten war mein letzter arbeitstag. um ehrlich zu sein, mir graut ein wenig vor meinem ersten arbeitstag… ich weiß noch nicht wie ich mit den kollegen umgehen soll. vielleicht soll ich ein schild an die bürotüre hängen? sprechzeiten von…bis, um fragen zu meiner abwesenheit zu beantworten. oder eine rundmail? oder ein t-shirt in der ersten woche? „es war krebs, kein burnout“ wer für das krebsübel gewettet hat kann seinen gewinn abholen 😉 na, man muss wissen, nicht jeder kollege/in weiß von meiner krankheit. viele vermuten etwas ernstes, aber wissen tun es nur wenige. ich weiß nicht, wie sehr ich mich mit fragen zu meiner abwesenheit auseinandersetzen möchte. es gibt tage da blubbert es geradezu heraus gegenüber unwissenden und tage da will ich unter gar keinen umständen auch nur im geringsten etwas dazu sagen müssen, das sind allerdings dann menschen die ich kenne. dazu kommt, dass ich eigentlich keine sonderbehandlung möchte oder das köpfchen des gegenübers zur seite geneigt mit einem ‚ohhh-blick‘. aber eigentlich doch, immerhin hatte ich scheißkrebs. also ein bisschen krebsbonus wär schon fein 😉

ich weiß es braucht zeit. zeit bis man wieder belastbar ist. zeit bis mein chemohirn in den ruhestand geht. zeit, um in das leben danach, ohne behandlungsgerüst, zu finden. ich frage mich, komme ich mit einem ’normalen‘ alltag zurecht? die eigentliche frage ist aber auch, möchte ich einen normalen alltag. von meinem jetzigen standpunkt aus gesehen irgendwie nicht. noch nicht. vielleicht habe ich auch angst davor, vor lauter alltag zu vergessen das leben wahrzunehmen. aber kann mir das nach allem überhaupt passieren? alltag ist in gewisserweise doch eine gute sache, denn umso weniger platz hätte die angst. die begleitet mich auch seit 1o monaten und wird mir wohl bleiben. mal mehr mal weniger. oder denke ich momentan so darüber, weil mein behandlungsgerüst wegbricht? mit meinem abschlussgespräch am montag wurde ich ja schon fast in die freiheit entlassen. alles was nun als neues ‚gerüst‘ kommt, sind die regelmäßigen nachsorgetermine. vielleicht sehe ich nach der ahb alles anders. denn es kommt ja nichts mehr. bis jetzt wurde immer ein kapitel abgehakt und auf das nächste gewartet. aber dann kommt nur noch einfinden in das jetzige leben.

nebenbei bemerkt war am 21.08.2016 meine diagnose 10 monate alt. seitdem ist bekanntlich nichts mehr wie es war… okay ganz stimmt das nicht… irgendwie schon, aber nein… irgendwie auch nicht. denn wir haben bewusst festgestellt, es gibt nun zwei zeitrechnungen. die zeit vor dem krebs und die zeit danach. konkretes beispiel. als meine mama und ich letztens das fotobuch von nichte und neffe online gestaltet haben, orientierten wir uns um den zeitpunkt der fotos zu bestimmen (was bei smartphonebildern nicht mehr so einfach ist…) an vor der glatze und nach der glatze ? (klappte übrigens wunderbar!) und machen wir uns nichts vor, die menge des sandes in meiner sanduhr des lebens stand bereits fest ⏳ nun hab ich nochmal eine schippe drauf bekommen. ich habe das gefühl der sand läuft nun langsamer. was zur folge hat, dass ich das leben intensiver wahrnehme. und das wiederum, weiß ich sehr zu schätzen…

 

die endlichkeit des seins

gestern nachmittag hatte ich das bedürfnis h. zu schreiben. ich wollte fragen, wie es ihr mit der bestrahlung am kopf geht und ob sie schon zuhause ist. für eine minisekunde überlegte ich, ob es eine gute idee ist… was wenn sie sagt es geht ihr nicht gut. das man nichts mehr tun kann… ich wollte abends noch essen gehen mit freunden. mit einem kloß im hals wäre das nur bedingt unbeschwert. aber das bedürfnis war größer. kurz nach meiner nachricht hat sie angerufen. da war ich schon mit dem auto unterwegs. dann rief eine fremde nummer einige male an. als ich am parkplatz stand hatte ich nochmal eine nachricht von h. sie war von ihrer schwester. bereits vor knapp 2 wochen hat h. den kampf verloren…

ich weiß noch als sie mir sagte sie sei in der klinik, ihr kopf wird bestrahlt und sie hätte angst. das war der moment, als auch ich das erste mal richtig angst bekam. angst um mein leben. (hab darüber bereits am 23.6. berichtet)

wenn man selbst krebs hatte (und ich sag das ganz bewusst ‚hatte‘), dann ist man sehr sensibilisiert dafür, wenn in den nachrichten wieder ein prominenter zeitgenosse sein leben an den krebsarsch verliert. das trifft einen durchaus und man wird sich bewusst wie scheiß viele menschen das sind und da gehört die dunkelziffer in der nachbarschaft noch gar nicht dazu. und es trifft mich, obwohl ich sie nicht mal kenne. ebenso geht es mir, wenn ich in den sozialen gruppen von rückfällen höre, oder dass eine weitere mutige kriegerin ihr leben verlor. ich hab mich gefragt, wann es bei mir soweit sein wird, dass eine mitkriegerin geht die ich persönlich kenne… nun leider schneller als gedacht. und um ehrlich zu sein… es sind gar nicht viele frauen die ich persönlich kenne. klar, es sind viele mit denen man sich in sozialen netzwerken austauscht. teilweise auf der ganzen welt. das ist durchaus ein schönes gefühl wenn man weiß, man ist nicht allein. aber auch echt beschissen, weil man weiß wieviele um ihr leben kämpfen… und irgendwann doch verlieren könnten.

die nachricht von h. hat mich sehr getroffen… saßen wir doch meist nebeneinander. und das ein ganzes halbes jahr. wir haben viel gelacht, über viel gesprochen. auch über den tod  und sie war realistisch. bekam sie ihre chemo doch wegen metastasen. als sie mir kurz vor meiner op erzählte, dass sie einen blackout hatte… war mein gefühl mehr schlecht als recht. meine befürchtung wurde durch die tatsache, dass sie tumore an der hirnhaut hat, bestätigt. und da war sie… meine erste todesangsterfahrung.

das ist das, wovor wir alle angst haben. sowohl patientin als auch familie. ein trost… sind sie im kopf, meist gehts dann ganz schnell. (das heißt nicht, dass sie in dieser situation immer gleich ein todesurteil sind!) klingt arschig? find ich nicht! ein langer weg mit medikamenten, hoffen, warten und bangen … und vermutlich auch leiden bleibt sowohl der patientin, als auch der familie und den freunden erspart. und das ist genau die situation vor der sich jeder fürchtet. niemand möchte einen geliebten menschen leiden sehen. niemand der leidet möchte, dass die familie durch das eigene leid mitleidet. mehr zeit zum anschied nehmen ist immer eine feine sache. aber hat man je genug? hat man sich je genug verabschiedet? hat man je noch all das erlebt was man möchte? hat man je all das gesagt was man möchte? ich denke nein und empfinde es als relativ, denn wichtig ist, wer an deiner seite ist. unwichtig eigentlich wie lange. ich hab das glück, dass ich kurativ behandelt werden konnte. vermutlich sieht man vieles anders wenn man in der palliativ situation steckt. ich vertraue auf den lieben gott, dass ich das weiterhin nur vermuten darf. das klingt naiv oder schön geredet? vielleicht, aber es nimmt mir ein wenig die angst vor der statistik. und das ist gut so!

》liebe h. ich habe mich sehr gefreut, dass ich dich kennenlernen durfte. deine offene art nahm mir ganz schnell den chemokloß im hals und ich habe es genossen, wenn wir den chemoraum mit lachen füllten. und ich find es sehr schade, dass wir uns nach der chemo nicht nochmal sehen konnten. wo immer es dich nun hinverschlagen hat liebe h., genieße das sein!《

körperliche, geistige und seelische bestandsaufnahme – 66 tage nach der letzten chemo

vor 66 tagen hatte ich meine letzte chemo. nr. 16 – insgesamt betrachtet oder nr. 12 von 12 des zweiten behandlungsteils mit taxol . summa summarum die letzte infusion einer behandlung, welche über ein halbes jahr dauerte… zu anfang dachte man… scheisse… 6 monate… aber je näher das ende kam… verdammt schon so weit geschafft! wie gehts mir seitdem? was machen die nebenwirkungen? was macht meine psyche?

1. körper
ich würde lügen, würde ich sagen ich hätte unter der chemo stark gelitten. ich bin mir bewusst,  dass ich richtiges glück hatte, praktisch mit der linken  (oder auch rechten) arschbacke durch dieses halbe jahr zu rutschen! dafür bin ich wirklich aus meinem tiefsten inneren dankbar! nur kurz hab ich im ansatz erfahren müssen, was es heißt schmerzen zu haben oder mundschleimhautentzündung. von metallischem geschmack, ekel vor essen, starker geschmacksverlust blieb ich verschont. manchmal fällt es mir schwer gegenüber anderen betroffenen, denen es nicht so gut geht, ehrlich zu sein. da hab ich fast ein solidarisch schlechtes gewissen… weil ich so glück hatte. die nebenwirkungen verschwanden relativ fix. zuerst das nasenbluten, dann die zahnschmerzen, später die hitzewallungen. welche im nachhinein betrachtet wohl eher vom cortison kamen als vom verfrühten wechsel. vor 2 wochen hab ich dann tatsächlich das erste mal meine tage wieder bekommen (ok… ohne war schon angenehm) mein körper erholt sich anscheinend unglaublich schnell. meine haare wachsen rasant. kräftig und außer auf dem kopf sehr dunkel. zum leichten bedauern gilt das für alle körperregionen… (was eine herausforderung fürs rasieren ist, denn die haarstruktur ist so fein, dass der elektrische rasierer sie nur ziept und der nassrasierer ist sehr suboptimal für die trockene haut) nachdem mir ja 5 wochen nach der letzten taxol doch noch alle wimpern ausgefallen sind, sind die nun sehr dicht und dunkler wieder nachgewachsen. ich brauch keinen kajal mehr. meine nägel sind noch sehr trocken,  aber sie gehen nicht ab. haben sich auch nicht während der chemo verfärbt. die haut braucht noch recht viel zuwendung. man merkt aber, es wird besser. nur sonne mag sie nicht. und ohne hut, kopf in sonne nix gut! mit meinem gewicht hatte ich während der ganzen zeit keine probleme. in den zwei wochen zwischen diagnose und chemobeginn hatte ich 2 kg verloren. das gewicht hab ich die ganze chemo gehalten. kurz nach der chemo war ich wieder beim ausgangsgewicht. körperlich fühl ich mich an sich bombe, bis auf sie tatsache, dass ich manchmal noch schnell schlappi bin. ich bin aber auch kein sporti. was sich natürlich aufgrund der tatsache das lt. studie regelmäßige bewegung das rückfallrisiko um (ich glaube) 20% senkt, definitiv ändern muss! und ich fühl mich durch das alles nicht älter als vorher.

2. geist
mein kopf war durch diese ganze zeit durch eine sehr wichtige stütze. von anfang an war ich positiv gestimmt und hab mich in keine grübelspirale ziehen lassen. klar, die erste woche war schwer! aber ich wollte keine kraft auf das warum verschwenden. es ist wie es ist und da muss ich durch (hab ja keine wahl) und deshalb am besten im urlaubsmodus. ich bin der festen überzeugung, wäre ich mental nicht so aufgestellt wie ich es bin, wäre es mir nicht so gut gegangen! chemonebenwirkung die sich auf den kopf auswirkt: chemodemenz… vieles vergesse ich noch immer (nichts tragisches, aber auffällig und manchmal peinlich) oder erzähle manches doppelt oder dreifach. auf eine sache konzentrieren ist schwierig. würde man mich fragen, ob ich jetzt wieder arbeiten könnte (buchhaltung) 》NEIN und würde ich auch nicht wollen. anfangs dachte ich, es würde mir fehlen. der unterschied ist aber, ich habe nicht urlaub – ich bin krank. und ich hab keine erkältung, sondern krebs. und zwar einen scheisskrebs um genau zu sein. er streut früh, schlummert gerne, ist hochaggressiv und hat dazu eine statistisch hohe rückfallgefahr. bäm! das nenn ich mal ne psychische belastung, welche trotz meiner positiven einstellung immer im hinterkopf ist. ich bin kein pessimist, aber realist. aufgrund dessen sprechen wir zuhause ganz bewusst darüber, dass ich in den nächsten 3 jahren die schockdiagnose metastasen bekommen könnte (hab ich aber beim universum nicht bestellt!) während meiner therapie hab ich nie psychologische unterstützung gebraucht. zum einen denke ich liegt es an meiner einstellung und zum anderen an meinem umfeld. ich bin gut aufgehoben. wir lachen sehr viel, ich lache viel. ich bin nicht trauriger. ich genießen die kleinen besonderen augenblicke. und wenns nur ne brummende hummel im garten ist. aus all dem kann ich so viel kraft ziehen.

3. seele
mein heiligtum! ich bin zwar neben einer katholischen kirche aufgewachsen. bin getauft, hatte kommunion und firmung und bin nun konfessionslos, nichts desto trotz glaub ich an den lieben gott. ich hab viel gebetet seit ich krank bin. ich glaub an eine seele und an karma und daran das man sich aussucht welche aufgaben man im leben meistern muss. durch entscheidungen die man trifft ist man aber trotzdem seines glückes schmied. das heißt nicht, dass ich glaube ich bin selber schuld! das heißt,  dass ich die krankheit angenommen habe ohne einen schuldigen zu suchen. es ist wie es ist. denn wäre das nicht gekommen, wäre es vielleicht etwas anderes womöglich schlimmeres (klar, liegt im auge des betrachter…) gewesen. bis vor kurzem hatte ich keinen schwarzen tag. aber vor 3 wochen. ich schreib das bewusst in diesen absatz, denn die angst die ich hatte war keine im kopf, sondern tief in mir. eine freundin, die mit mir im chemoraum saß und mit mir fertig wurde, sagte mir, sie haben bei ihr tumore an der hirnhaut gefunden. die horrorvorstellung von jedem von uns denke ich. und da kroch es hoch, ein tiefes schwarzes loch in mir und ich hatte das erste mal todesangst. nach ein paar tagen ging es wieder vorbei. und kam seitdem nicht mehr. da ich kein abonnement bestellt hab, darf das nun gerne so bleiben.

4. interessanterweise: symptome die ich seit der diagnose nicht mehr habe
höchst faszinierend ist die tatsache, dass obwohl ich eine starke chemo bekommen hab, psychischem druck ausgesetzt bin und sich praktisch mein leben seit dem 21. oktober schlagartig geändert hat…  ich so manches leiden das ich vorher hatte…. nicht mehr hab!
– migräne (hatte ich oft, mind. 1x im monat)
– kopfschmerzen (mind. 1x die woche)
– nackenschmerzen
– die nervige angewohnheit innen an den backen zu beißen
– an der nagelhaut rumzuppeln
– pochen im ohr
– schweißgeruch (ich brauch seit der chemo kein deo mehr)

das alles gehört nun zu meinem leben dazu und die letzten 9 monate haben gezeigt, dass ich auf einem guten weg bin. das bin ich!

so, das war das wort zum donnerstag 🍀